Massentierhaltung und Höfesterben, Antibiotika- und Pestizid-Einsatz sowie Sojafutterimporte und Schweinexporte schreiten ungebremst voran. „Der globale Trend ist alarmierend“, sagt Barbara Unmüßig. Für die Chefin der Heinrich-Böll-Stiftung (HBS) ist das Grund genug, mit einem weiteren „Fleischatlas“ erneut Aufklärungsarbeit zu leisten. Drei Jahre ist der letzte Atlas her. Als Herausgeber mit dabei sind auch bei der fünften Ausgabe der BUND und Le Monde diplomatique.
Fleischkonsum ist politisch
Brandneu in dem 50-seitigen Papier mit 19 Beiträgen und 51 Infografiken ist eine Umfrage der Uni Göttingen unter den 15- bis 29-Jährigen hierzulande, wie sie es mit dem Fleischkonsum halten. Demnach verzichten knapp 13 Prozent der 1.227 Befragten auf Fleisch – doppelt so viele wie in der Bevölkerung. Fleisch steht vor allem fürs männliche Geschlecht. Denn unter den erklärten Vegetariern (10,4 Prozent) und Veganern (2,3) sind 70 Prozent Frauen. Rund 25 Prozent der jungen Befragten sehen sich als Flexitarier, essen also nur manchmal Fleisch. Und noch ein Befund: Fleischkonsum ist politisch. Rund ein Drittel derjenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, haben erst 2020 auf fleischfrei umgestellt, also im Zuge von Fridays for Future. 75 Prozent sehen sich als Teil der Klimaschutzbewegung.
Weil die Bedenken bezüglich Gesundheit, Tierwohl und Umwelt zunähmen, heißt es im Atlas, „sinkt die Nachfrage in einigen Industrieländern leicht“. In Deutschland lag der Pro-Kopf-Verzehr 2019 bei fast 60 kg Schweine-, Geflügel- und Rindfleisch pro Jahr. „2013 lag der Fleischverbrauch bei 66 Kilo“, so Unmüßig. Während in den USA und Australien mehr als 100 kg Fleisch und Wurst gegessen würden, seien es auf dem afrikanischen Kontinent nur 17 Kilo.
Ökologischen Grenzen überschritten
Weltweit liegt die Fleischproduktion bei 325 Mio. t pro Jahr. Ohne Kurswechsel prognostizieren die Autoren mehr als 360 Mio. t bis 2030. „Die Folgen kann man sich kaum vorstellen, weil bereits jetzt die ökologischen Grenzen unseres Planeten überschritten werden“, heißt es im Vorwort. Eine Folge des Fleischkonsums ist z.B. die Übertragung von Krankheitserregern – siehe das Sars-CoV2-Virus. Seinen Ursprung auf den Menschen vermutet man auf dem Tiermarkt der chinesischen Stadt Wuhan. Kein Einzelfall, denn fast 75 Prozent der bekannten Zoonosen stammten von Wildtieren. Immer mehr ihrer Lebensräume überschnitten sich mit dem des Menschen, weil der immer mehr landwirtschaftliche Fläche schaffe.
Der regelmäßig erscheinende Fleischatlas bietet kurze Essays und eine Vielzahl anschaulicher Abbildungen rund um den Fleischkonsum. Sie können ihn (auch klassensatzweise) bestellen unter www.boell.de/de/fleischatlas