Das staatliche Tierwohllabel lässt auf sich warten. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat es bereits vor einem Jahr auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) vorgestellt. Doch bis heute ist damit noch keine Fleischware gekennzeichnet. „Ich hab meine Hausaufgaben gemacht. Der Gesetzentwurf liegt in der Schublade“, sagt Schmidt. Es könne damit losgehen, sobald die neue Regierung am Start ist. Und so verspricht Schmidt zum Auftakt der diesjährigen Leistungsshow der Agrar- und Ernährungsbranche wieder genau das, was er schon 2017 versprochen hatte: bald mehr Tierwohl in den Ställen – auf freiwilliger Basis.
Freiwilligkeit bei der Initiative Tierwohl
Freiwillig sind auch die Verbesserungen, die die Branche mit ihrer „Initiative Tierwohl“ setzt, ein System, bei dem Viehbetriebe aus einem Fonds Zuschüsse erhalten, wenn sie ein paar Kriterien erfüllen. Doch die seien viel zu lasch, sagen Kritiker. „Die Initiative will mit minimalen Anforderungen den Eindruck erwecken, es gehe den Tieren gut“, sagt Thomas Schröder vom Deutschen Tierschutzbund. Dieses Jahr gibt es bei der Initiative einige Änderungen. Mehr Geld steht zur Verfügung, mehr Betriebe machen mit. Sie sollen Schweinen „zehn Prozent mehr Platz“ und „zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial“ verschaffen.
Agrarkongress für mehr Umweltschutz und Tierwohl
Um mehr Tierwohl bei der Haltung von Nutztieren geht es auch Barbara Hendricks. Die Bundesumweltministerin hielt voriges Jahr im Vorfeld der IGW erstmals einen Agrarkongress ab und verkündete die Idee eines „Gesellschaftsvertrags für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“. Leitgedanke dabei sei es, die Belange der Umweltschützer, Verbraucher und Landwirte fair zu verhandeln und gemeinsam Bedingungen für die Agrarwende zu schaffen. Nun, ein Jahr später, ist ein Konzeptpapier entstanden, wie man das mit dem Gesellschaftsvertrag hinkriegen könnte: Alle Akteure sollen an einen Tisch und „sich gegenseitig befruchten und inspirieren“, wie Agrarprofessor Peter Feindt von der Berliner Humboldt-Universität sich das vorstellt.
Auf dem zweiten BMUB-Agrarkongress kamen nun alle möglichen Interessengruppen zusammen und ließen flugs vom Stapel, was sie von einem Gesellschaftsvertrag erwarten. „In der ökologischen Landwirtschaft sind wir da schon einen Schritt weiter, weil sie die Akzeptanz der Bevölkerung findet“, sagt Biobauer Felix Prinz zu Löwenstein vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW). Zwanzig Prozent ist das Bundesziel (ohne Zeitangabe), derzeit liegt der Anteil bei unter sieben Prozent.
Verbraucher für mehr Tierwohl
Die Verbraucher in Deutschland haben schon einen Agrarkonsens gefunden: Nach einer Umfrage der Universität Göttingen unter 1 035 Personen würden 69 Prozent höhere Fleischpreise akzeptieren, sofern dies mit nachweisbar verbesserten Haltungsbedingungen und mehr Tierwohl einhergehe. Laut dem Ernährungsreport des Bundesagrarministeriums sind es gar fast 90 Prozent der Deutschen, die mehr Geld für Produkte mit höheren Tierwohlstandards ausgeben würden. Und genau darum müsse es doch letztlich gehen, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks auf dem Agrarkongress in Berlin: „Dass Bäuerinnen und Bauern wieder faire Preise für hochwertige, umwelt- und tiergerechte Produkte bekommen, anstatt die Billigsten sein zu müssen, damit China unser Schweinefleisch abnimmt.“
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, Februar 2018.
Weiterführende Informationen:
Zum Agrarkongress Agrarkongress: Gemeinsam für Umwelt, Landwirtschaft und Klima – Bundesregierung
Der BMEL-Ernährungsreport 2017 steht für Sie zum Download bereit (30 KB) unter BMEL – Publikationen – Deutschland, wie es isst – Der BMEL-Ernährungsreport 2017
Zur Initiative Tierwohl Initiative Tierwohl: Für mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung (initiative-tierwohl.de)