Die Robinie ist Baum des Jahres 2020.
Die Gewöhnliche Robinie aus Noramerika ist Baum des Jahres 2020: Foto: M.Schuppich/AdobeStock
2. November 2019 | Bürgerinfo

Baum des Jahres 2020: Gewöhnliche Robinie

So schwierig und heiß diskutiert war es wohl noch nie: Nach 31 in Europa heimischen Jahresbäumen hat sich das Kuratorium Baum des Jahres 2020 für eine Amerikanerin entschieden, noch dazu für einen „Eindringling“, der in der unrühmlichen Lage ist, selten gewordene nährstoffarme Standorte und deren besondere Artenzusammensetzung zu gefährden. Der Baum des Jahres 2020 ist die Gewöhnliche Robinie.

Die Robinie polarisiert

„Die Robinie polarisiert“, teilt denn auch die titelgebende Stiftung mit, ist sie doch einerseits „invasive Baumart, die Naturkleinode bedroht“, andererseits aber auch ein Hoffnungsträger im Klimawandel. Wieso das? Die Robinie sei hitze- und trockenheitstolerant, wachse ungewöhnlich schnell und „ihr Holz ist Spitzenreiter unter den heimischen Hölzern, was Langlebigkeit und Energiegehalt betrifft“, schreibt Baum- und Waldexperte Rudolf Fenner von der Umweltorganisation Robin Wood in dem unbedingt lesenswerten und über die Maßen informativen Faltblatt zur Robinie.

Einer der meistgepflanzten Bäume weltweit

Der zu Beginn des 17. Jahrhunderts bei seiner Entdeckung zunächst für eine Akazie gehaltene Baum des Jahres – und deshalb auch Falsche oder Schein-Akazie genannt wird und unter Wissenschaftlern Robinia pseudoacacia – zählt heute neben Eukalyptus und Pappel zu den meistgepflanzten Bäumen weltweit. „In China und Südkorea wachsen heute mehr Robinien als in ihrer Heimat“, sagt Fenner.

Ursprünglich stammt der sommergrüne Laubbaum mit der tief gefurchten Borke, den zart gefiederten Blättern und den süßlich duftenden weißen Blütenständen aus Nordamerika. Dort sei die Robinie in den südlichen Appalachen und in der Hochlandregion des Ozark-Plateaus westlich des Mississippis eine unter vielen Baumarten, berichtet Fenner.

Eine Art also, die sich nicht besonders hervortue. Doch „nach einem Brand oder Sturm – da ist sie der Pionier, der die verwüstete Fläche schnell und meist vollständig besiedelt, um dann nach zwei bis drei Jahrzehnten den übrigen dort heimischen Baumarten nach und nach wieder ihren Platz einzuräumen“. Hierzulande seien die ersten Robinien 1670 gepflanzt worden, und zwar zwei Exemplare im barocken Lustgarten des Berliner Stadtschlosses, so Fenner: „Allerdings wurden sie bereits 1713 wieder gefällt, als der Soldatenkönig den Lustgarten in einen Exerzierplatz umwandeln ließ.“

Wichtig für den Naturschutz

Zur Wiederbewaldung am Ende des 18. Jahrhunderts fand die Robinie unter Forstwissenschaftlern viele Fans und wurde begeistert empfohlen. Grund dafür war die ihrerzeit schon erkannte Symbiose mit Knöllchenbakterien, die an der Wurzel des Baumes leben und Luftstickstoff fixieren. Was dazu führte, dass überall dort, wo die Robinie Gebiete besetzt, die Böden mit Stickstoff anreichert – und damit stickstoffarme Trockenrasen unwiederbringlich zu verändern vermag. Diese naturschutzfachlich wertvollen Standorte müssen vor ihr geschützt werden. Deshalb steht die Robinie auf der Liste der invasiven Baumarten.

Gut geeignet als Stadtbaum

Mit der eigentlich also gar nicht so Gewöhnlichen Robinie wurden hierzulande vor allem sandige Areale im Oberrheingraben, die „ausgepowerten Waldböden rund um Nürnberg“ und das mit Sandboden reichlich gesegnete Brandenburg aufgeforstet. Bundesweit ist der Anteil von Robinien in hiesigen Wäldern mit 20 000 Hektar oder etwa 0,1 Prozent aber sehr gering.

Dabei konnte sie nicht nur in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg die Brachen und Schuttberge erobern. Die Robinie wurde dort zum Pionier – und gedeiht auch heute noch in vielen Grünanlagen und entlang von Straßen. Heute werde Robinia pseudoacacia wieder zunehmend auch innerhalb von Ortschaften gepflanzt, schreibt Rudolf Fenner, „da sie recht salz- und immissionstolerant ist und gut mit dem städtischen Klima und den oft schwierigen Bodenverhältnissen zurechtkommt“.

Robinie als Hoffnungsträger im Klimawandel

Vor allem an Steilhängen, auf Bahndämmen, an Straßenböschungen und auf offenen Sandflächen wird sie eingesetzt. Zur Bodensicherung, weil sie ein weit in die Breite reichendes dichtes Wurzelsystem ausbildet. „Man trifft sie auch in den Bergbaufolgelandschaften zur Begrünung von Abraumhalden und stillgelegten Tagebauflächen“, so Fenner. Er hält die Robinie für einen Hoffnungsträger im Klimawandel. Deshalb, weil sie mit Trockenheit und Hitze gut klarkommt. Es werde auch bereits geforscht und nach geeigneten Varianten gesucht, sagt Fenner.

Es geht dabei „auch um effizientere Nutzungsmodelle für solche Robinienbestände, die bereits in den Wäldern seit Langem vorhanden sind, aber die holzwirtschaftlichen Erwartungen enttäuscht haben“. Forstministerin Julia Klöckner sagte es so, während sie im Berliner Zoo eine frisch gepflanzte Robinie zuschaufelte: „Die Debatte ist eröffnet, mit welchen Bäumen wir umforsten.“

 

Faltblatt zur Robinie – Baum des Jahres 2020:  2020_Robinie (ternum-dev.de)

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe November 2019.