Wenn die Politik über Klimaschutz verhandelt, wird das Thema Ernährung meistens ignoriert. Dabei ist sich die Wissenschaft einig, dass unsere heutige Art zu essen und zu trinken nicht nur unserer Gesundheit schadet, sondern auch erheblich zur Erderhitzung beiträgt. Reichlich ein Drittel der Treibhausgasemissionen, die wir Menschen zu verantworten haben, entstehen bei der Herstellung unserer Nahrungsmittel – Überfluss und Verschwendung inklusive. Wie sich Städte klimafreundlich, gesund und sozial gerecht ernähren können, erklärt ein Buch am Beispiel Berlin.
Bio-Städte, Essbare Städte und Ernährungsräte
Bio-
Mit dem Modell der „essbaren Stadt“ reüssierte 2010 das rheinische Andernach und bietet seitdem auf öffentlichen Grünflächen Gemüse, Kräuter und Obst zum Selberpflücken an. Dem sind in Deutschland bereits mehr als 60 Städte gefolgt. Auch Ernährungsräte in mehr als 45 Kommunen und Regionen, in denen meistens die Verwaltung mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeitet, wollen dafür sorgen, dass es in Stadt oder Gemeinde wieder mehr lokale und nachhaltig erzeugte Lebensmittel gibt. Die ersten Ernährungsräte gründeten sich 2016 zuerst in Köln und dann in Berlin.
Das Thema Ernährung auf die politische Agenda heben
„Wir haben das Thema Ernährung überhaupt erst auf die politische Agenda gebracht und für die Entwicklung einer Ernährungsstrategie gepusht“, sagt Ratssprecherin Christine Pohl aus Berlin. Der Stadtstaat hat als erstes Bundesland ein kostenloses Mittagessen für Grundschulkinder mit neuerdings 50 Prozent Bio-
Vorbilder Kopenhagen und Paris
Vorbild ist hier das dänische Kopenhagen, in dessen städtischen Kantinen es seit 2015 einen Bio-
So gelingt die Wende zu einer umweltfreundlichen und gesunden Ernährung
- Ihre Nahrung sollte aus viel weniger Fleisch und weniger anderen tierischen Produkten wie Käse und Eier bestehen als heute. Das bedeutet nicht, dass Sie Vegetarier oder gar Veganer werden müssen – gegen „a g’scheite Wurst“ oder Currywurst (150 g) einmal die Woche ist nichts zu sagen.
- Art und Umfang der Tierhaltung muss sich gravierend ändern. Wenn Ihr Fleischbedarf sinkt und Sie bereit sind, ihr Geld für hochwertigere Ware auszugeben, schafft das für Supermärkte Anreiz, diese Waren anzubieten. Wer bessere Tierhaltung unterstützt, kauft Biofleisch oder Produkte der Haltungsform 4, das steht für mehr Platz im Stall und freien Auslauf.
- Wird eine Kuh nicht widernatürlich mit Eiweißfutter gefüttert, sondern auf ausreichend großer Weidefläche gehalten und kann dort Gras rupfen, regt das zusammen mit ihren Kuhfladen das Wurzelwachstum der Pflanzen an. Dadurch kann man große Mengen CO2 unter die Erde bringen.
- Sparsam mit Zucker und Salz. Die Sensitivität für süß und salzig kann trainiert werden. Reduzieren Sie ganz langsam den Einsatz von Zucker und Salz. Sie werden sehen, dass sich Ihr Geschmacksempfinden an weniger salzige und süße Speisen ganz einfach gewöhnen kann.
- Mehr Gemüse, mehr nährstoffreiche Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Erbsen. Was gegen Übergewicht, Herz-
Kreislauf- und Lungenkrankheiten hilft, „hilft gleichzeitig dem Klima“, sagt Deutschlands erste Professorin für Klimawandel und Gesundheit, Sabine Gabrysch: also mehr Gemüse und weniger Fleisch essen, mehr Fahrrad statt Auto fahren sowie Kohlekraftwerke abschalten für bessere Luft. - Regionalität und Bio stehen hoch im Kurs, während Pestizide und Gentechnik in der Landwirtschaft auf Ablehnung stoßen – zumindest verbal.
- Achtsamkeit spielt auch bei der Ernährung eine Rolle. Meint: Nehmen Sie sich für Ihre Mahlzeiten tatsächlich Zeit, um zu genießen und bewusst zu essen. Es trägt nicht nur zum Stressabbau bei, Sie nehmen auch das Sättigungsgefühl früher wahr. Verzichten Sie darauf, währenddessen fernzusehen oder online zu gehen. Sind wir abgelenkt, essen wir meistens übers Hungergefühl hinaus, da wir dem Sättigungsgefühl nicht genügend Aufmerksamkeit schenken.
Das Buch Berlin isst anders können Sie kostenlos herunterladen unter: Berlin isst anders. Ein Zukunftsmenü für Berlin und Brandenburg – Ernährungsrat Berlin (ernaehrungsrat-berlin.de) (als Print 20,30 Euro)
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe Oktober 2021