Deutschland strebt bis 2045 Klimaneutralität an. Ungeachtet dessen streiten Politik und Zivilgesellschaft seit Monaten über die Wärmewende, vor allem darüber, wie wir in Zukunft unsere Häuser heizen. Dabei wollen hierzulande die allermeisten Menschen in 22 Jahren ebenfalls klimaneutral leben. Und sie wollen auch erneuerbare Energien beim Heizen verwenden. Doch wenn es dann endlich konkret werden soll, stellen sich noch sehr viele Fragen.
Heizen mit Wärmepumpe
Für hitzige Diskussionen sorgt die von Bundesenergieminister Robert Habeck und auch von Umweltverbänden favorisierte Wärmepumpe: Zumindest im Neubau ist diese elektrisch geführte und mit Ökostrom auch klimafreundliche Art der Wärmegewinnung bereits sehr beliebt: Laut dem Statistischen Bundesamt heizen 57 Prozent der 2022 gebauten Wohngebäude mit Wärmepumpen – die übrigens nach Tests von Wissenschaftlern auch ohne Fußbodenheizung funktionieren, wenn z.B. die Heizkörper ein Zweirohrsystem aufweisen.
Fossiles Heizen nur noch bis 2045
Aber was ist mit dem Altbau? Dessen Eigentümer werden keinesfalls gezwungen, schon 2024 eine Wärmepumpe zu nutzen. „Wer einen Gaskessel hat, einen Ölkessel hat, der kann ihn behalten“, will Habeck beruhigen. Und, so er: „Niemand rennt in Keller und reißt das raus.“ Bis zum Jahr 2045. Denn spätestens in 22 Jahren müssen wir alle aus der fossilen Verbrennung raus sein.
Heizen mit Fernwärme
Im Innenstadtbereich, wo die Altbauten dicht an dicht stehen, könnte die Fernwärme erste Wahl sein – also ein Anschluss an ein Wärmenetz drin sein, das zunächst mit hohen Anteilen, später komplett mit erneuerbaren Energien gespeist wird. Hier heißen die Erneuerbaren-Optionen Großwärmepumpen, große Solarthermieanlagen, Tiefengeothermie oder KWK-Anlagen mit Biomasse oder grünem Wasserstoff. Dafür kilometerlange Wärmeleitungen – wenn auch noch aus Kohleheiz- und Gaskraftwerken – gibt es bereits in vielen Kommunen, die größten in Berlin, Hamburg und München.
Wärmeplanung der Kommune abwarten
Auch die ostdeutschen Bundesländer nutzen bereits sehr viel Fernwärme. Viele weitere Haushalte könnten sich daran anschließen. Der Bund plant eine Fernwärmeoffensive und will Kommunen dabei unterstützen, ihre Netze auszubauen. Für Altbaueigentümer gilt es also, erst mal die Wärmeplanung ihrer Kommune abzuwarten. Die muss bis 2028 ein Konzept vorlegen, wie sie die Wärmeversorgung in Ihrer Region klimafreundlich umbauen will.
Heizen mit Holz
Eine weitere Option wäre es, von Erdgas auf Holzpellets umzustellen. Ob sich da der alte Kessel einfach umrüsten lässt, kann am besten ein Heizungsinstallateur beantworten. Richtig verwendet könne Holz zwar durchaus ein umweltgerechter Brennstoff sein, urteilte einst das Umweltbundesamt (UBA): mit gut aufbereitetem Holz aus Ihrer Region, einer modernen Feuerstätte und einer sachgerechten Handhabung. Doch aktuell helfe die Verfeuerung von Holz und somit ihr Ausbau in der Summe nicht dem Klimaschutz. Denn Bäume binden CO2 für lange Zeit; beim Verfeuern von Holz gelangt das CO2 zurück in die Atmosphäre. Ausgeglichen wäre die Kohlenstoffbilanz im Wald bei Holzentnahme nur dann, wenn die gleiche Holzmenge zeitnah nachwächst. Das UBA sagt heute: Zum Heizen sollte man Holz allenfalls in Ausnahmefällen einsetzen.
Heizen mit Biogas
Und es gibt noch eine Möglichkeit, die großes Potenzial verspricht und eine Alternative zu fossilem Erdgas darstellt: Biogas. Damit lassen sich aber herkömmliche Gasheizungen noch nicht betreiben, weil der Methangehalt zu niedrig ist. Das Biogas muss man zu Biomethan veredeltn, um es in einer gewöhnlichen Heizung verwenden zu können. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat ermittelt, dass man bis 2030 hierzulande pro Jahr 100 TWh Biomethan ins Gasnetz einspeisen kann. Dies entspricht etwa einem Fünftel der Erdgasmenge, die Deutschland 2022 an russischem Erdgas verbraucht hat.
- Wärmepumpen sind die beliebteste Heiztechnik für den Wohnungsneubau: Mehr als jede dritte 2022 fertiggestellte Wohnung wird mit Wärmepumpe beheizt (38 Prozent). Der Anteil neuer Wohnungen mit Gasheizung sank von 34 auf 29 Prozent. Rund jede vierte neue Wohnung wurde an ein Fernwärmenetz angeschlossen.
- Im Gebäudebestand dominieren hingegen Gasheizungen. So wird jede zweite Bestandswohnung in Deutschland noch mit Gas beheizt. In einem Viertel der Wohnungen kommt Heizöl zum Einsatz, in 14 Prozent Fernwärme. Wärmepumpen spielen hier mit drei Prozent noch eine untergeordnete Rolle.
Autor: Tim Bartels, UmweltBriefe Juli/August 2023
Tipps zum Heizungstausch:
- 1.
Keine Torschlusspanik. Spätestens 2045 muss Ihre fossile Heizung raus – also erst in mehr als zwanzig Jahren. Wenn sie noch funktioniert, muss das Gerät, so viel steht schon fest, nicht bereits 2024 durch ein klimafreundlicheres Gerät ersetzt werden – außer es ist ein uralter Standardheizkessel mit sehr schlechtem Wirkungsgrad. Auch eine Reparatur, wenn möglich, ist erst mal noch drin. Überstürzen Sie nichts und lassen Sie sich von Energieeffizienzexperten beraten.
- 2.
Fossile Heizung irreparabel kaputt. Dann wären Sie schlecht beraten, wenn Sie wieder auf eine neue Gas- oder Ölheizung setzten. Schließlich wird Erdgas und Öl aufgrund des von Jahr zu Jahr steigenden CO-Preises immer teurer. Denkbar wäre eine Kombination aus Wärmepumpe und Gasheizung – solche Hybridheizungen gibt es auch als einzelnen Block, in dem beides vereint ist. Fragen Sie bei einem spezialisierten Handwerksbetrieb nach. Eine Liste dazu gibt es z.B. beim Bundesverband Wärmepumpe: https://www.waermepumpe.de/
- 3.
Förderung. Ganz klar, eine Wärmepumpe ist teurer in der Anschaffung als eine neue Gasheizung. Im Betrieb dann allerdings, wenn man die Vollkosten betrachtet, nicht mehr. Die Investition lohnt sich – und Sie bekommen sehr viel Förderung dafür. Mindestens 30 Prozent der Kosten übernimmt der Staat, durch verschiedene Boni sind bis zu 50 Prozent drin. Alternativ sind die Kosten auch steuerlich absetzbar.
- 4.
Keinen Schnellschuss. Jetzt noch schnell eine Gasheizung zu ordern, weil die ja bis 2045 noch zwei Jahrzehnte laufen kann – und man ja erst dann die teurere Wärmepumpe kaufen muss, ist wegen des steigenden CO-Preises keine gute Wahl. Aber auch sofort zur Wärmepumpe zu wechseln, kann verfrüht sein – zumal wenn der Gasbrennwertkessel noch läuft. Wärmepumpen werden immer preiswerter und die Installation wird einfacher, die Handwerker werden geübter, das reduziert die Kosten. Es könnte sich also lohnen, noch zu warten.
- 5.
Wärmeplanung Ihrer Kommune. Wenn es in Ihrer Kommune noch keine Wärmeplanung gibt, dürfen Sie auch 2024 noch eine neue Gasheizung einbauen lassen; sie sollten aber darauf bestehen, dass sie „Wasserstoff-ready“ ist. Das meint: Die Gasheizung muss auf eine spätere Nutzung mit 100 Prozent Wasserstoff angelegt sein.