Die Mitgliedstaaten der EU stellen in den kommenden Monaten die Weichen für die gemeinsame Agrar-Politik (kurz GAP) der nächsten sieben Jahre. Es geht um viel. Nicht weniger als eine Agrar-Reform steht zur Debatte.
Die gemeinsame Agrar-Politik der EU
Um die Umweltschäden zu mildern und das Artensterben zu bremsen, muss die Landwirtschaft großenteils dringend reformiert werden. Derzeit verhandeln Rat, Parlament und EU-Kommission im Trilog über die Subventionen und die damit verbundenen Eco-Schemes. Die Ausgestaltung und Anreize dieser ökologischen Regelungen als neues Instrument der GAP entscheiden darüber, ob die Agrar-Reform ihren Namen verdient.
Die EU-Agrarminister unter Bundesministerin Julia Klöckners Führung einigten sich bisher darauf, dass die Agrarflächenbesitzer und Landwirte 20 Prozent der Direktzahlungen nur für ökologische Leistungen erhalten. Dies könne die Anlage von Blühflächen, Pufferstreifen oder Gewässerschutzstreifen sein, wie auch vielfältige Fruchtfolgen zur Sicherung der Biodiversität auf dem Acker. Für Deutschland wären das knapp eine Milliarde Euro im Jahr. Bisher bekommt man 283 Euro pro Hektar Fläche, weitgehend unabhängig davon, wie sie bewirtschaftet wird.
Eigener Strategieplan: die nationale Agrar-Reform
Die Eco-Schemes muss jeder Mitgliedstaat in einem eigenen Strategieplan festlegen. „Es wird nicht mehr in Brüssel jedes Detail geregelt, sondern wir haben jetzt vieles selbst in der Hand“, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze während des BMU-Agrarkongresses. „An dieser notwendigen Kreativität muss sich der ein oder andere, ganz besonders in der Verwaltung, noch gewöhnen. Wir müssen diese Freiheiten nutzen, wenn wir echte Veränderungen anstoßen wollen.“
Die SPD-Ministerin fordert einen größeren Anteil der Direktzahlungen für extra Umweltdienste: zunächst 30 Prozent und dann schrittweise immer mehr. Das BMU schlägt zehn Maßnahmen vor, aus denen Betriebe wählen können. Dazu gehören u.a. die Bereitstellung von Flächen mit besonderem Wert für die Artenvielfalt (z.B. Brachen oder Landschaftselemente wie Hecken oder Raine), die Reduktion von Nährstoffüberschüssen, der Verzicht bzw. die Halbierung des Pestizideinsatzes, eine vielfältige Fruchtfolge oder verschiedene Maßnahmen für eine umwelt- und tiergerechte Grünlandnutzung.
Ihren nationalen Eco-Schemes-Plan muss die Bundesregierung bis Ende dieses Jahres festlegen und der EU-Kommission vorlegen. Die Regeln sollen 2023 in Kraft treten.
Nur ein Reförmchen?
Nicht ganz so optimistisch wie Svenja Schulze ist der agrarpolitische Sprecher der EU-Grünen, Martin Häusling: „Ich verhandele zum zweiten Mal eine GAP-Reform. Und auch dieses Mal befürchte ich, wird es wieder ein Reförmchen werden“, sagte er zugeschaltet beim BMU-Agarkongress. „Auch im EU-Parlament haben wir keine Reform-Mehrheit hinbekommen.“ Am 22. Oktober 2020 stimmten 425 von 688 EU-Abgeordnete für eine Position, die der Ausrichtung der EU-Agarminister ähnelt.
„Die Masse des Geldes geht weiterhin an ungebundene Flächenzahlungen, also in die falsche Richtung“, meint Häusling. „Precision Farming soll jetzt die ganzen Umweltprobleme lösen, da kann ich nur herzhaft lachen“, so der gelernte Agrartechniker und Ökobauer. Sein Betrieb in Hessen, der Kellerwaldhof, wird seit 1988 nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet und von seinen Söhnen geleitet.
Zukunftskommission Landwirtschaft
Dringend erwartet wird die Veröffentlichung der Machbarkeitsstudie zum geplanten Umbau der Tierhaltung der sogenannten Borchert-Kommission. Die hat eine Abgabe auf Fleisch vorgeschlagen, mit der Landwirte ihre Ställe tierfreundlicher umgestalten sollen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner teilt mit, dass die Studie erst im Februar oder März erscheinen wird. Ebenso gespannt ist man auf den Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft, der im Sommer vorgelegt werden soll.
Agroforstwirtschaft ist Klimaschutz
Zur Ökologisierung der Landwirtschaft wären auch Agroforstsysteme dienlich, also das Pflanzen von Bäumen und anderen Hölzern auf Agrarflächen. Diese Maßnahme hat der Bundestag am 13. Januar als Landnutzungsform anerkannt, sie wäre damit im Rahmen der GAP in Deutschland förderfähig. Auch das Landwirtschaftsministerium nennt die Agroforstwirtschaft als Möglichkeit, um Böden zu schützen, den Humusaufbau zu steigern sowie Klimaschutz und Biodiversität zu erhöhen. Eine Studie der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg hat ein Bindungspotenzial von 10 Millionen Tonnen CO2 errechnet, wenn man auf der Hälfte des deutschen Ackers Agroforstwirtschaft betreibt und auf 10 Prozent dieser Fläche Forstgehölze anbaut.
Weitere Informationen:
Den Vorschlag des BMU zur Ausgestaltung der Agrar-Reform finden Sie unter: www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Naturschutz/gap_agrarkongresspapier_bf.pdf
Über die „Borchert-Kommission“ und die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ verlautbart das BMEL unter www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/umbau-nutztierhaltung.html und www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/zukunftskommission-landwirtschaft.html
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, Februar 2021.
Bestellen Sie kostenlose Ansichtsexemplare
Überzeugen Sie sich von dem hohen Praxisnutzen und Mehrwert, den die UmweltBriefe bieten. Zwei kostenlose Probehefte sind für Sie reserviert: www.walhalla.de/probeabo-umweltbriefe