Nur so viel steht bei der Atommüll-Endlagerung schon fest: Der hochradioaktive Abfall in Deutschland – die Rede ist von 10.173 t und knapp 8.000 Kokillen – wird nicht dauerhaft übertage bewacht, wird nicht im Meer entsorgt (möglicherweise aber drunter) oder im Weltall. Und wird auch nicht in Endlager anderer AKW-Staaten exportiert. Sicher ist, dass Deutschlands Atommüll in den eigenen Grenzen unter die Erde gebracht wird – aber nicht in den Salzstock von Gorleben.
Gorleben ist raus
Neunzig Regionen mit den endlagertauglichen Wirtsgesteinen Ton (7), Granit (9) und Steinsalz (74) hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) jetzt in einem ersten Schritt ermittelt. Nicht mit dabei sind die seit 1986 aufgefahrenen Stollen unter der wendländischen Gemeinde Gorleben. Gründe für deren Untauglichkeit, sagte BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz bei der Vorstellung des „Zwischenberichts Teilgebiete“, seien mangelhaftes Rückhaltevermögen, ungünstige hydrochemische Verhältnisse und ein nicht intaktes Deckgebirge. Das sind für Kanitz unerfüllte „geowissenschaftliche Abwägungskriterien“. Damit werde der Gorlebener Salzstock „aus dem weiteren Standortauswahlverfahren ausgeschlossen“.
54 Prozent der Landesfläche ist deponiegeeignet
Tatsächlich gibt es hierzulande erstaunlich viele Alternativstandorte für die Atommüll-Endlagerung – ginge es nur um den Untergrund. Denn nach Durchsicht von mehr als einer Million Datensätzen aus Bundes- und Landesbehörden bewertet die BGE die Geologie unter 54 Prozent der deutschen Landesfläche als deponiegeeignet. Die neunzig ermittelten „Teilgebiete“, sagt BGE-Chef Steffen Kanitz, lassen „günstige geologische Voraussetzungen erwarten, um dort ein Endlager errichten zu können“.
Raumplanerische Aspekte, wie etwa die Siedlungsdichte, der Naturschutz oder auch Überschwemmungsgebiete spielten bei der Auswahl bisher noch keine Rolle. Diese Umstände werden erst in einem zweiten Schritt berücksichtigt, wenn der Kreis der Teilgebiete weiter eingeengt wird.
Fachkonferenz „Teilgebiete“
Bereits für den 17. und 18. Oktober 2020 lädt das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) dazu ein, den BGE-Bericht zu diskutieren. Darauf müssen sich nun betroffene Landräte, Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Bürger vorbereiten, um sich zu positionieren und mitzubestimmen.
„Eine solche Mitwirkung“, sagt BUND-Politikchefin Antje von Broock, „braucht Zeit und bedarf Augenhöhe.“ Beides sei Mangelware. Die Fachkonferenz „Teilgebiete“ stehe zwar allen offen, die sich für die Atommüll-Endlagerung interessieren, soll sich aber schon im Juni 2021 wieder auflösen. Dazwischen sind noch Konferenzen im Februar und April vorgesehen. Das sei viel zu kurz, bemängelt von Broock.
Jochen Stay von der Antiatom-Initiative „Ausgestrahlt“ fordert mehr Transparenz und Beteiligungsrechte. „Die Fachkonferenz hat nur beratende Funktion“, sagt er. Die BGE entscheide selbst, ob es Einwände gegen ihre Ergebnisse ernst nehme. Zudem werde der Bundestag zum Austragungsort regionaler Interessen. „Schon heute kündigen Abgeordnete verschiedener Bundesländer an, sich im Parlament Mehrheiten dafür organisieren zu wollen, um den eigenen Wahlkreis auszuschließen.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte schon vor Verkündung der Teilgebiete ein Endlager in seinem Bundesland abgelehnt. So war Mitbestimmung nicht gemeint. Eine endgültige Entscheidung ist für 2031 geplant, die Einlagerung für 2051.
Zwischenbericht des BGE zur Endlagersuche: www.bge.de/de/endlagersuche/zwischenbericht-teilgebiete
Über die Konferenzen informiert ein Portal des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung: www.endlagersuche-infoplattform.de/webs/Endlagersuche/DE/Fachkonferenz/fachkonferenz-teilgebiete_node.html
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, Oktober 2020.
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