Die Stechpalme (Ilex) ist Bam des Jahres 2021.
Die Stechpalme (Ilex) ist Bam des Jahres 2021. Foto: slowmotiongli/AdobeStock
7. Dezember 2020 | Bürgerinfo

Baum des Jahres 2021: die Stechpalme

Die Stechpalme wirkt exotisch, ist aber Europäerin und gilt hierzulande als ein Paradebeispiel für gelebten Artenschutz. Seit 85 Jahren zählt Ilex aquifolium in Deutschland zu den besonders geschützten Arten. Mit Erfolg: Die Bestände haben sich erholt. Nun wurde der immergrüne Laubbaum, der im Unterholz schattiger Wälder oft nur als Strauch gedeiht, zum Baum des Jahres 2021 gekürt.

Immergrün und glänzend

Alle heimischen Laubbäume werfen im Herbst ihre Blätter ab, der Ilex nicht. Die Stechpalme behält ihr Laub sommers wie winters. Ungewöhnlich sind dessen sattes Dunkelgrün und Glanz. Zudem fühlen sich ihre Blätter ledrig an und sind am Rand mit Stacheln bewehrt.

Baum oder Strauch

Doch: „Wieso ist das überhaupt ein Baum?“, fragt man sich. Kennt man die Stechpalme doch eher strauchartig. Die Antwort gibt Rudolf Fenner von Robin Wood: „Die Stechpalme kann beides – Baum oder Strauch sein –, abhängig von den Lichtverhältnissen. Auf lichten Waldstandorten oder in Grünanlagen oder Gärten – dort kann man sie sehen, hoch aufgeschossen, oft mit geradem, bis in die Spitze ziehenden Stamm, vom Wuchs her an die kegelförmige Gestalt von Nadelbäumen erinnernd.“ Demnach ist der Ilex kein Gigant, aber doch ein Baum. Das älteste Exemplar Deutschlands vermutet man bei der Stadt Emmerich am Rhein nahe der niederländischen Grenze im Kreis Kleve. Die Stechpalme dort ist nur acht Meter hoch, soll aber bereits mehr als 270 Jahre gedeihen.

Unter besonderem Schutz

Bedroht war die Stechpalme zu Beginn des 20. Jahrhunderts, schreibt Fenner, „weil ganze Wagenladungen in den Wäldern geerntet wurden“. Ihre immergrünen und mit roten „Beeren“ besetzten Zweige waren nämlich gern gesehener Schmuck zu Weihnachten, aber auch schon zu Allerseelen, in der Adventszeit, zu Silvester und zum Palmsonntag. Dort, wo keine Stechpalmen wuchs, wurde die Zweige per Eisenbahn importiert. Dieser Raubbau führte zu Protesten von Naturschützern. Die Folge: Nach ersten regionalen Verordnungen steht Ilex aquifolium schließlich von 1935 an deutschlandweit unter besonderem Schutz. Heute darf sie gemäß Bundesartenschutzverordnung weder gepflückt, beschnitten noch ausgegraben werden. In Deutschland ist die Stechpalme als Weihnachtsschmuck daher verschwunden.

Als Ziergehölz beliebt

Als Ziergehölz ist die Stechpalme aber in Gärten und Parks vertreten. Dort werde der Ilex bereits als der „bessere Buchsbaum“ gehandelt, berichtet die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Er sei unempfindlich gegen den Buchsbaumzünsler, genauso immergrün und präsentiere „als willkommenes Extra“ die schönsten Beeren. Besonders die Japanische Stechpalme (Ilex crenata) mit kleineren Blättern und ohne Stacheln sehe „nach entsprechendem Formschnitt dem Buchsbaum sehr ähnlich“.

Forstministerin Julia Klöckner findet die Stechpalme „sympathisch“, sie sei „ein hervorragender Brutplatz und wichtige Nahrungsquelle für Vögel, Bienen und Hummeln“, verlautet die Schirmherrin für den Baum des Jahres. Doch da widerspricht die LWF: Die Stechpalme sei als Fraß- und Nährbaum bei Kerbtieren und Vögeln nur mäßig beliebt, man finde am Ilex nur zwölf Insektenarten. Zum Vergleich: Die Weide bietet Lebensraum für mehr als 700 Arten. Zudem sei der europäische Ilex „in allen Teilen stark giftig“. Im Gegensatz zum südamerikanischen Vetter, dem Ilex paraguariensis, der den koffeinhaltigen Mate-Tee liefert.

Klimakrisengewinnerin

In der Klimakrise „wird die Stechpalme zur Krisengewinnerin“, schreibt Rudolf Fenner. In den vergangenen Jahrzehnten habe sie sich bereits in Norwegen entlang der Westküste weiter nach Norden und in Dänemark weiter nach Osten ausbreiten können. Von ihren Vorkommen an der deutschen Osteeküste aus erschließe sie sich bereits jenseits der Odermündung neue Lebensräume.

Steckbrief Stechpalme
HABITUS: immergrüner Baum; in dichten Wäldern strauchförmig mit bis zu 20 Einzelstämmchen; in lichten Wäldern und im Freistand baumförmig 6 bis 8 m hoch, max. 15 m. STAMM: durchgehend gerade, Seitenäste fast waagerecht; kegelförmige Krone. RINDE: junge Triebe bis 10 Jahre lang grün, später grau und glatt. BLÄTTER: Oberfläche lederartig, dunkelgrün und glänzend, Unterseite heller; Blattränder im unteren Bereich mit Stacheln, weiter oben nehmen die Stacheln ab bis hin zu glattrandigen, lorbeerartigen Blättern. BLÜTE: Mai bis Juni; bis 8 mm, porzellanweiß, zart rötlich oder cremefarben, angenehm duftend; in der Regel vier Blütenblätter; Knospen dicht gedrängt in den Blattachseln; männliche und weibliche Blüten auf getrennten Bäumen. FRUCHT: kugelige, erbsengroße Steinfrüchte, ab Juli grün, später leuchtend rot; die „Beeren“ werden von Vögeln als Notnahrung gefressen, für den Menschen sind sie bereits in geringen Mengen giftig.

Alle Informationen zum Baum des Jahres:  Baum des Jahres (baum-des-jahres.de)

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe Dezember 2020.