Gärten können eine wichtige Rolle dabei spielen, den Artenschwund zu bremsen und Biodiversität zu fördern. Schätzungen zufolge gibt es 17 Millionen Gärten in Deutschland, also eine riesige Anzahl kleiner bis kleinster Lebensräume. Bisher sei die Vielfalt aber vielerorts niedrig, habe in den vergangenen Jahren gar abgenommen, konstatiert der Umweltverband NABU. Für eine Trendwende schlagen Forscher nun vor, das Pflanzen zurückgehender Arten gezielt zu fördern.
Rückgang der Biodiversität bei Pflanzen
Um die Biodiversität der Pflanzen hierzulande ist es schlecht bestellt zurück. Mehr als zwei Drittel der Bestände ursprünglicher Pflanzenarten in Deutschland gehen zurück. Ein Großteil dieses Verlustes führen Fachleute auf den Rückgang natürlicher Lebensräume zurück, etwa durch die zunehmende Verstädterung. Doch genau diese urbanen Flächen würden ein erhebliches und noch ungenutztes Potenzial für den Naturschutz bergen, schreiben Forschende aus Halle und Leipzig im Fachblatt Nature Sustainability.
Conservation Gardening
Sie empfehlen „Conservation Gardening“. Bei dieser gärtnerischen Praxis geht es darum, heimische Arten, die allmählich verschwinden, auf städtischem Grün wie öffentlichen und privaten Gärten wieder zurückzubringen. „Doch hierfür wäre eine Trendwende im Gartenbau nötig“, sagt Josiane Segar vom Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). Schließlich, so Segar, sei der Gartenbau ein wichtiger Wirtschaftszweig: 2018 wurden in Deutschland 8,7 Mrd. Euro für Pflanzen ausgegeben. Gartencenter müssten im großen Maßstab Pflanzen fürs Conservation Gardening anbieten. Die Vermehrung zertifizierten Saatguts heimischer Pflanzen sollte man stärker finanziell unterstützen, empfiehlt Segar. Schließlich seien die meisten dieser Arten an trockene Standorte angepasst und könnten besser mit Dürren zurechtkommen als viele der derzeit im Gartenbau gedeihenden Pflanzen. Die Forscherin schlägt dafür vor, den Einsatz regionsspezifischer Listen zu rückläufigen Arten für privates und öffentliches Grün zu nutzen.
Privatgärten als Reallabore
In Siedlungsräumen können Grünflächen eine wichtige Rolle spielen als „Trittsteinbiotope“. Das sind kleinere ökologische Nischen, die Verbindung schaffen zwischen größeren weit auseinanderliegenden Naturräumen. Um die Biodiversität in Gärten zu fördern, arbeitet der Naturschutzbund Nabu mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung zusammen im Projekt „gARTENreich“. Dabei dienen Gärten in der Stadt Gütersloh in Nordrhein-
Allein in Deutschland befinden sich 70 Prozent aller Pflanzenarten auf dem Rückzug:
- 27,5 Prozent aller heimischen Pflanzenarten sind bedroht. Zum Beispiel gilt die Traubenhyazinthe (Muscari botryoides) auf der Roten Liste als „gefährdet“, wird aber häufig als Zierpflanze verwendet. Folge: Ihr Bestand hat sich um 65 Prozent erhöht.
- Auch der Zungen-
Hahnenfuß (Ranunculus lingua) gilt als „gefährdet“, weil er vielerorts durch Entwässerung und Überdüngung verschwunden ist. Die ursprüngliche Uferpflanze kann aber in Gärtnereien bestellt und an Teich oder Balkon gehalten werden. - 76 Arten gelten hierzulande als „ausgestorben“, zum Beispiel die Bittere Schleifenblume (Iberis amara). Sie kommt aber noch vereinzelt in urbanen Nischen vor und ist ebenfalls in vielen Gartencentern erhältlich.
Schritt für Schritt zum Naturgarten, eine Handlungsempfehlung des NABU: Grundlagen Naturgarten – NABU
Das Projekt gARTENreich: Home | gARTENreich (gartenreich-projekt.de)
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe Juni 2022.
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Wie Sie in Ihrem Garten mehr Biodiversität erreichen
- 1.
Mehr Wildwuchs wagen. Mehr Pflanzenvielfalt und damit Nahrung für Insekten und Vögel bietet eine Grünfläche, die einfach mal sich selbst überlassen wird. Rasenmäher, Unkrautstecher, Vertikutierer dürfen dann im Schuppen bleiben.
- 2.
Artenvielfalt statt Rasen. Darf der Rasen verwildern, wandern Löwenzahn, Gänseblümchen, Ehrenpreis, Spitzwegerich, Schafgarbe oder Wiesenklee aus der Umgebung ein. Diese Pflanzen sind zudem schmackhafte Wild- und Heilkräuter
- 3.
Es reichen bereits vier Quadratmeter. Schon vier Quadratmeter Wildblumenwiese in einem Garten können eine wertvolle Oase für Insekten sein. Das zeigt ein Versuch englischer Forscherinnen und Bürgerwissenschaftler. Demnach leben in diesen Gärten doppelt so viele Hummeln, Wespen und wilde Bienen.
- 4.
Nur ein- bis zwei Mal mähen. Eine wilde, blühende Wiese braucht nur maximal drei Mal im Jahr gemäht zu werden. Wege durch die Wildnis können Sie kurz halten. Werden verblühte Pflanzen, etwa von Margeriten oder Glockenblume, geschnitten, blühen sie ein zweites Mal. Weil Wildkräuter den Boden bedecken und in heißen Sommern vor dem Austrocknen schützen, spart man wertvolles Gießwasser.
- 5.
Wildblumenmischungen einsäen. Dafür wird die oberste Rasenschicht samt Wurzeln entfernt und eine heimische, mehrjährige Saatgutmischung ausgebracht. Die dort entstehende Pflanzengemeinschaft kann viele Jahre bestehen, bedeutet zu Beginn aber Mehraufwand.
- 6.
Nistplätze für bodenbrütende Insekten schaffen. Gibt es offene Bodenstellen, können bodenbrütende Wildbienenarten wie Schmalbienen oder die Gelbbindige Furchenbiene einen Nistplatz finden. Einige der Bienenarten, die in unserem Garten vorkommen, nutzen auch Nisthilfen aus Holz, Lehm oder Pflanzenstängeln.
- 7.
Licht aus für unsere Insekten. Um Insekten im Garten oder in den benachbarten Lebensräumen nicht zu stören, sollte sich die Beleuchtung auf Wege und Treppen beschränken. Licht direkt wieder ausknipsen, wenn nicht mehr benötigt.