„Gehwege, die vom motorisierten Verkehr und Fahrradverkehr getrennt verlaufen, können maßgeblich zur Sicherheit der Zufußgehenden beitragen“, lautet ein Satz in der Nationalen Fußverkehrsstrategie, die Mitte Februar vom rot-grünen Noch-Kabinett inklusive des FDP-abtrünnigen Verkehrsministers Volker Wissing beschlossen wurde.
Denn kommen sich Fußgänger und Radfahrer in die Quere, sind Stress und schlimmstenfalls Unfälle angesagt. Da hilft auch das Verkehrszeichen 239 (Gehweg) nicht, wenn darunter angezeigt wird, dass der Radverkehr freigegeben ist. Ein echter Radweg würde damit eigentlich aufgegeben, heißt die Kritik daran. Doch dürfen Radler dennoch auf dem Fußweg fahren, wenn auch untergeordnet, bleibt immer eine Gefahrenquelle.
Zufußgehen als gleichberechtigte Mobilitätsform
Die Fußverkehrsstrategie soll Kommunen als Orientierungshilfe dienen. Ein sicherer Weg zur nächsten ÖPNV-Haltestelle sei genauso wichtig wie eine fußgängerfreundlich gestaltete Innenstadt, so Wissing. Und: „Die Attraktivität des Fußverkehrs liegt mir sehr am Herzen.“
Die Strategie hebt erstmalig auf Bundesebene das Zufußgehen in den Rang einer gleichberechtigten Mobilitätsform. Gehen sollte „in der Verkehrsplanung neben anderen Verkehrsarten wie dem Auto-, Rad- sowie öffentlichem Verkehr betrachtet werden“. Dies umfasse Planungsprozesse bzw. Stadtentwicklungsstrategien und die Bereitstellung geeigneter Infrastrukturen. So lautet eins von sieben eher allgemeinen Zielen der Strategie.
Vision Zero
Das zweite Ziel ist die Vision Zero, dass „langfristig“, also irgendwann, keine Getöteten und Schwerverletzten im Straßenverkehr mehr zu beklagen sind: „Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten um 40 Prozent sinken“, lautet immerhin eine konkrete Marke. Laut Statistikamt kamen 2024 in Deutschland 2780 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben, 2023 waren es 2839 Verkehrstote. Diese Zahlen auf nahezu Null zu senken, will der Bund durch bessere Gesetze erreichen.
Zum Teil bereits geschehen durch die Novelle der StVO, wodurch es für Kommunen einfacher würde, Fußgängerüberwege und Tempo-30-Zonen (und auf Hauptstraßen) einzurichten sowie ihr Parkraummanagement zu verbessern. „So ist die Anordnung von Bewohnerparkzonen nunmehr auch bei drohendem Parkraummangel sowie aufgrund städtebaulich-verkehrsplanerischer Konzepte zulässig“, heißt es in der Strategie. Falschparken auf Gehwegen soll sich so vorausschauend lösen lassen.
Fester Platz für Gehwege
Überdies müssten die Kommunen in der Stadtentwicklungs- und Mobilitätsplanung den Gehwegen einen „festen Platz“ einräumen, beschreibt eines von fünf Handlungsfeldern der Strategie. Kommunen sollten dabei auf die „Davos Declaration“ zurückgreifen. Laut dieser Erklärung zur Baukultur aus 2018 sollen Städte und Gemeinden Aspekte wie Urbanisierung, schrumpfende ländliche Räume und Ressourcenknappheit mit einbeziehen und beim Bau auf Qualität achten. Da bleiben viele Fragen offen.
Klipp und klar aber diese Empfehlung: Für Fußwege sollte insbesondere „von außen nach innen“ geplant werden. Dies meint, zunächst die Gehwege in angemessener Breite, dann die Flächen für den Radverkehr und zuletzt die für den motorisierten Verkehr zu planen. „So kann der vorhandene Stadt- und Verkehrsraum gerecht verteilt und die Verkehrssicherheit erhöht werden“, heißt es.
Von der Fußverkehrsstrategie zum Fußverkehrsplan
Der VCD begrüßt das Papier und sieht nun die künftige Bundesregierung in der Pflicht. „Aus der abstrakten Strategie muss ein verbindlicher Fußverkehrsplan werden – mit konkreten Maßnahmen und Zielen. Und mit einem eigenen Fördertopf wie beim nationalen Radverkehrsplan“, sagt dessen Sprecherin für Rad- und Fußverkehr, Anika Meenken. Einen nationalen Fußverkehrsplan mit konkreten Schritten fordert auch der Fuss e.V. Der Lobbyverband für den Fußverkehr hält die Sanierung vieler Gehwege für ebenso dringlich wie die von Gleisen und Brücken. „Bund und Länder müssen sie fördern.“ Dafür sei die Strategie eine schöne Vorlage.
Wer finanziert das?
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) sähe lieber „konkrete Maßnahmen mit Mitteln hinterlegt“. Zudem kritisiert der DStGB, dass sich das Verkehrsministerium dafür lobe, einen Bund-Länder-Arbeitskreis zum Fußverkehr etabliert zu haben. Doch die entscheidenden Akteure zur Umsetzung der Fußverkehrsinfrastruktur, die Kommunen, seien dabei ausgeschlossen. Dabei habe die Radverkehrsförderung doch gezeigt, so der DStGB, dass man Verantwortung gemeinsam übernehmen könne.
Bestes Beispiel: Das Sonderprogramm „Stadt und Land“ habe sich bewährt und sei mit Bundesmitteln bis 2030 hinterlegt. Es realisierte hunderte neue Radwege und trug somit zur Sicherheit und Attraktivität des Radverkehrs bei. Deshalb, fordert der DStGB, sollten Kommunen Mittel von Bund und Ländern in Kombination mit der Radverkehrsförderung „flexibel auch zur Verbesserung der Fußverkehrsinfrastruktur“ einsetzen können.
Autor: Tim Bartels, in UmweltBriefe, März 2025.
Die Nationale Fußverkehrsstrategie finden Sie unter: https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Publikationen/StV/fussverkehrsstrategie.pdf?__blob=publicationFile
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