55 Empfehlungen für den Klimaschutz
Während Neubauten nach modernster Technik und wegen gesetzlicher Vorgaben bereits vergleichsweise energieeffizient ausfallen, entstehen die meisten CO₂-Emissionen immer noch im Bestand (im Bild: Wuppertal). Doch für eine energetische Sanierung mangelt es den Eigentümern an Geld und Anreizen. Deshalb sollte die Bundesregierung ihre Fördermittel vollständig zugunsten von Altgebäuden umschichten und stärker sozial nach Einkommen staffeln, empfiehlt die Stiftung Klimaneutralität um Energiewende-Denker und Ex-Staatssekretär Rainer Baake.
Auch ein nationaler Renovierungsplan müsse her, der Maßnahmen und Zeitpläne für die Dekarbonisierung des Bestands bis 2045 enthält. Dies sind nur drei von zwölf Vorschlägen für den Gebäudebereich, die der Thinktank der Bundesregierung in einer Art „Masterplan Klimaschutz“ unterbreitet. Auch für die anderen Sektoren Industrie, Energie, Verkehr und Landwirtschaft hat Baake Konkretes vor, damit die Klimaziele Deutschlands erreicht werden. Insgesamt sind es 55 Empfehlungen.
Die kommende 21. Legislaturperiode entscheidet
Ob Deutschland sein Klimaziel für das Jahr 2030 erreicht – 65 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 – wird sich in der kommenden 21. Legislaturperiode entscheiden. Was der Bund tun muss, damit das noch gelingen kann, zeigt die Stiftung Klimaneutralität um deren Gründungsdirektor und ehemaligen Umwelt- und Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake. Er hat gemeinsam mit seinem Chefpartner Thomas Losse-Müller ein umfassendes Handlungspaket zusammenstellen lassen, das alle Sektoren abdeckt. Die Vorschläge resultieren aus zahlreichen Gutachten, Studien, Stellungnahmen und Empfehlungen von Fachleuten, Verbänden und wissenschaftlichen Instituten.
Heizen als zentraler Schlüssel
„Der rote Faden, der sich durch unsere 55 Empfehlungen zieht, sind die Haushalte, die immer noch mit Öl und Gas heizen“, sagt Baake. Damit alle diese Menschen hierzulande den Umstieg auf klimafreundliche Technologien schaffen können, schlagen Baake und Losse-Müller eine Sozialstaffel vor. Danach werden allen Haushalten ausgehend von Einkommensdaten aus Steuerbescheiden der Finanzämter Förderkategorien zugewiesen. Sie reichen von „kein Anspruch“ bei höherem Einkommen bis zu „maximale Unterstützung“ für sozial schwache Haushalte.
Soziales Klimageld
Baake will damit die Sorge vor finanzieller Überforderung lindern, die in den vergangenen Jahren gestiegen sei – und sich angesichts steigender CO2-Preise im Rahmen des 2027 beginnenden Emissionshandels für Gebäudewärme und Straßenverkehr, kurz ETS II, auch weiter anwachsen werde, „wenn bei der Förderung der Haushalte und der Finanzierung der Infrastruktur nicht umgesteuert wird“. Daher sollten 60 Prozent der Bevölkerung ein nach Einkommen gestaffeltes soziales Klimageld als Ausgleich für steigende CO₂-Preise erhalten, so der Vorschlag. Die ausgezahlte Summe soll jährlich der Hälfte der Einnahmen aus dem ETS II entsprechen.
Eine bürokratiearme Prüfung des Anspruches, teilt Baake mit, könne über die eingeführte Sozialstaffel erfolgen, die auch für alle weiteren klimapolitischen Instrumente genutzt werden soll: Beispielsweise für die Auszahlung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Stünde etwa bei Menschen mit sehr geringem Einkommen eine neue Heizung an oder eine Dämmung der Außenwände, würde der Staat einen Großteil der Kosten übernehmen. Dasselbe gilt für Förderung von kostengünstigen E-Autos. „Dadurch erreichen diese Instrumente die ganze Breite der Bevölkerung“, sagt Stiftungs-Co-Direktor Thomas Losse-Müller.
Sondervermögen Klimaschutz
Zentrales Instrument dabei sei eine Reform der Schuldenbremse und „die Bildung eines verfassungsrechtlich abgesicherten Sondervermögens für Klimaschutz“. Denn Losse-Müller und Baake gehen von einem zusätzlichen öffentlichen Finanzbedarf in Höhe von rund 406 Mrd. Euro aus. Damit könne der Bund z.B. den Ausbau der Bahn und des ÖPNV sowie die Förderung der Industrie „verlässlich“ finanzieren, heißt es.
Gemeinschaftsaufgabe „Klimaschutz und Klimaanpassung“
Auch die Kommunen werden adressiert: Die kommende Bundesregierung soll sich endlich für die (bereits oft geforderte und viel diskutierte) neue Gemeinschaftsaufgabe „Klimaschutz und Klimaanpassung“ im Sinne von Artikel 91a Grundgesetz einsetzen.
Dann wäre Klimaschutz für die Gemeinden nicht mehr bloß freiwillig. Vielmehr könnten den Kommunen – ausgehend von Kriterien wie Wirtschaftskraft und Klimabetroffenheit – Budgets zur Verfügung gestellt werden, um Investitionen in lokale Infrastrukturen und Klimaschutzmaßnahmen vor Ort zu ermöglichen. Das wäre dann „eine solidarische und zielgerichtete Unterstützung, die sowohl regionale Klimaanpassung als auch nationale Klimaschutzziele“ voranbrächte.
Autor: Tim Bartels, in UmweltBriefe, Februar 2025.
Die Politikinstrumente für ein klimaneutrales Deutschland – 55 Empfehlungen für die 21. Legislaturperiode (2025-2029) erhalten Sie als PDF unter: Politikempfehlungen_2025.pdf
Bestellen Sie kostenlose Ansichtsexemplare der UmweltBriefe
Überzeugen Sie sich von dem hohen Praxisnutzen und Mehrwert, den die UmweltBriefe bieten. Zwei kostenlose Probehefte sind für Sie reserviert: www.walhalla.de/probeabo-umweltbriefe