Das ist nur wenigen bekannt und sorgt für Überraschung: Das weltweite Gesundheitswesen trägt mit 4,4 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen mehr zum Klimawandel bei als der Flugverkehr (drei Prozent) oder die Schifffahrt (zwei Prozent). Berechnet hat diese Zahl die Nichtregierungsorganisation „Health Care Without Harm“ (HCWH). Wäre der globale Gesundheitssektor ein Land, so der Vergleich von HCWH, gälte er nach China, USA, Indien und Russland als fünfgrößter Emittent.
Der Gesundheitssektor als Klimakiller
Diese Mitverantwortung des Gesundheitssektors an der Klimakrise ist der breiten Bevölkerung kaum bekannt und muss noch stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit sickern. Die internationale Organisation HCWH hat die Gesundheitsbranche auf ihren CO2-Fußabdruck komplett durchchecken lassen – von der Medikamente- und klinischen Apparateherstellung über den Krankenhaus- und Praxenbetrieb bis hin zum Krankentransport und zur Entsorgung.
Ergebnis: Für Deutschland kommt HCWH auf 57,5 Mio. t „medizinisches Kohlendioxid“ jährlich oder 5,2 Prozent der deutschen Gesamtemissionen. Weltweit verursacht das Gesundheitswesen zwei Billion Kilogramm CO2 pro Jahr, was den jährlichen Treibhausgasemissionen von 514 Kohlemeilern entspricht. Die deutsche Gesundheitsbranche hat also einen erheblichen Anteil am Klimawandel und sollte ihren ökologischen Fußabdruck dringend reduzieren, vor allem ihren enormen Energie- und Ressourcenverbrauch. Entsprechend hoch ist auch ihr Einsparpotenzial.
Einsparpotenzial bei Krankenhäusern
Nach Berechnungen der Stiftung Viamedica am Universitätsklinikum Freiburg könnten in einem großen Krankenhaus (mit 500 Mio. Euro Jahresbudget) rund 30 Prozent der Energie- und Wasserkosten pro Jahr und damit drei Millionen Euro eingespart werden. Die HCWH empfiehlt eine Umstellung der Krankenhauselektrizität auf 100 Prozent Ökostrom in allen Bereichen und die energetische Sanierung der Klinikgebäude; neue Krankenhäuser sollten grundsätzlich klimaneutral geplant werden.
Energiesparendes Krankenhaus und KlimaschutzmanagerInnen
Der Umweltverband BUND vergibt seit dem Jahr 2001 das Gütesiegel „Energiesparendes Krankenhaus“. Es erhielten bisher deutschlandweit 47 Krankeneinrichtungen. Beispielsweise wurde es der Luisenklinik in Bad Dürrheim 2012 bereits zum zweiten Mal nach 2007 verliehen. Die baden-württembergische Kliniksparte erneut 120 000 Euro Energiekosten pro Jahr ein, durch Wärmedämmung, Photovoltaik, Holzpellets und ein Blockheizkraftwerk. Damit hatte das Haus trotz gestiegener Bettenzahl weitere 32,7 Prozent an klimaschädlichen Emissionen vermieden. Mit wiederholter Reduzierung der CO2-Emissionen, 2016 um 7,3 Prozent (nach 8,2 Prozent 2009 und 26,1 Prozent 2004), erhielt die Evangelische Elisabeth-Klinik in Berlin das Gütesiegel zum dritten Mal, das St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Weißensee gar bereits zum vierten Mal. Der BUND ist auch an „KLIK green: Krankenhaus trifft Klimaschutz“ beteiligt. Diese Initiative qualifiziert in 250 Krankenhäusern und Reha-Kliniken KlimamanagerInnen.
Healthcare-Barometer 2022
Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von PWC unter 1 000 BürgerInnen:
- nur 13 Prozent wissen, dass die Gesundheitsbranche mehr zum Klimawandel beiträgt als Schifffahrt oder Flugverkehr;
- 49 Prozent der 18- bis 34-Jährigen, aber nur 32 Prozent der über 55-Jährigen schätzen „medizinisches CO2“ realistisch ein;
- nur 38 Prozent wissen, dass auch Krankenhäuser EU-Richtlinien zum Klimaschutz einhalten müssen;
- 87 Prozent fürchten die gesundheitlichen Folgen der Klimakrise,
- 55 Prozent rechnen mit mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Hitzewellen;
- für jeden Zweiten hat das Energiesparen im Gesundheitswesen höchste Priorität.
Zum Healthcare-Barometer 2022 von PwC: Healthcare-Barometer 2022 – PwC
KLIK – Klimamanager für Kliniken: KLIK – Klimamanager für Kliniken: Startseite (klik-krankenhaus.de)
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, Mai 2022.
Bestellen Sie kostenlose Ansichtsexemplare der UmweltBriefe
Überzeugen Sie sich von dem hohen Praxisnutzen und Mehrwert, den die UmweltBriefe bieten. Zwei kostenlose Probehefte sind für Sie reserviert: www.walhalla.de/probeabo-umweltbriefe