Nicht nur die Bundesvereinigung gegen Fluglärm, auch Umweltverbände und viele Anwohner verkehrsreicher Straßen und Schienen stellen fest: Dem unerwünschten Lärm wird trotz der bereits 2002 in Kraft getretenen „Umgebungslärmrichtlinie“ der EU noch immer nicht der Stellenwert eingeräumt, der im Sinne eines wirksamen Gesundheitsschutzes erforderlich wäre.
Umgebungslärmrichtlinie
Die Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die Lärmbelastung der Bevölkerung regelmäßig zu erheben und zu überprüfen. Die Belastung wird in Lärm-Karten erfasst und soll dann durch geeignete Maßnahmen gemindert werden. Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse werden EU-
Lärmaktionspläne von Kommunen
„Die Daten dienen auf europäischer Ebene dazu, um über leisere Fahrzeuge und leisere Züge zu entscheiden“, sagt Matthias Hintzsche vom Umweltbundesamt (UBA). Die Lärm-Karten seien aber auch für die deutschen Kommunen immens wichtig, so der Lärm-Experte: „Denn die Städte und Gemeinden sollen mit Hilfe sogenannter Lärmaktionspläne über Maßnahmen zur Lärmminderung entscheiden und diese auch umsetzen.“ So geht es z.B. darum, über Tempo 30 zu befinden. Oder darum, lärmmindernde Fahrbahnbeläge einzubauen.
Die Ergebnisse zeigen, dass an den betrachteten Straßen in Deutschland 8,4 Millionen Menschen von mehr als 55 Dezibel (dB (A)) betroffen sind. Bei solchen Pegeln können schon Belästigungen oder zumindest Störungen der Kommunikation auftreten.
Lärmbelästigung durch Straßenverkehr
Laut der UBA-
Maßnahme zu selten umgesetzt
In den fast 3 000 Gemeinden, die eine Lärmaktionsplanung begonnen haben, leben insgesamt 44 Millionen Menschen. Doch längst nicht alle Planungen führen zu konkreten Maßnahmen. Das UBA zählte 1 131 Lärmaktionspläne, die Anfang 2015 abgeschlossen, in Bearbeitung oder in Prüfung waren. In den Fällen vorgesehener Maßnahmen haben städtebauliche einen höheren Stellenwert, während die Bedeutung der Schallschutzwände und Schallschutzfenster zurückgegangen ist.
Vorschläge gegen das Lärm:
- Fahrrad und zu Fuß. Radfahren und Laufen sind leise und könnten in Städten und Gemeinden eine Menge Autos ersetzen. Dazu braucht es mehr Platz: Es müssen Straßen umgestaltet, Autospuren zu Radwegen umgewidmet, Parkplätze zurückgebaut werden. Um das finanzieren zu können, muss die Politik Finanzmittel vom Straßenbau umschichten und den Neubau von Straßen deutlich zurückfahren.
- Tempo 30. Eine generelles Geschwindigkeitslimit von 30 km/
h innerorts. Denn 30 gegenüber 50 km/ h senkt den Lärmpegel um zwei bis drei Dezibel und wird von den Menschen wahrgenommen wie eine Halbierung des Verkehrs. - Mehr Ruhe entlang den Straßen. Bahnen und Busse könnten das Verkehrsaufkommen verringern und damit für mehr Ruhe entlang der Straßen sorgen. Ihr Potenzial wird nicht ausgeschöpft. Neue Fahrzeuge, neue Schienen, bessere Angebote kosten Geld. Seit Jahren wird über eine Nahverkehrsabgabe diskutiert.
- Gegenseitige Rücksichtnahme. Absichtlich lautes Fahren im Sportwagen oder auf Motorrädern und Herstellen und Nutzen von Zusatzausstattung, die diesen Sound ermöglichen, gehen gar nicht.
- Nachtruhe. Höhere Wertschätzung einer gesunden Lebenssituation, vor allem für eine störungsfreie Nachtruhe im Zeitraum von 22 bis 6 Uhr. Auch für Flughafenanrainer. Deshalb müsste in dieser Zeit ein gesetzliches Nachtflugverbot gelten.
- Rechtsanspruch auf Lärmschutz. Der fehlt an bestehenden Straßen und Schienenwegen. Hierzu müssten vor allem die europäischen und bundesrechtlichen Regelungen verbessert werden. Das sollte uns der Gesundheitsschutz und die Lebensqualität der Menschen wert sein.
- Gesetzbuch zur Lärmvermeidung und zum Ruheschutz. Das fordert der BUND und verlangt darin folgende Grundsätze zu verankern: 1. Schutz der Ruhe, Verschlechterungsverbot 2. Lärmvermeidung durch geändertes Verhalten und durch integrative Planung 3. Lärmminimierung an der Quelle, 4. Aktiver Lärmschutz auf Seiten der Betroffenen, Abschirmung (sog. aktiver Schallschutz) vor bauseitigen Maßnahmen.
Schutz vor Lärm und Schutz der Ruhe vom BUND: Schutz vor Lärm und Schutz der Ruhe (bund.net)
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe Mai 2021.