Eine nachhaltige, innovative und bezahlbare Mobilität
„Kein Mensch soll durch Verkehrsunfälle sein Leben verlieren oder schwer verletzt werden. Planungen, Standards und Maßnahmen mit Einfluss auf die Verkehrssicherheit sollen für alle Verkehrsmittel und Verkehrsträger in vergleichbarer Weise auf dieses Ziel ausgerichtet werden.“ So heißt eines der Leitziele im Entwurf für ein Bundesgesetz zur Mobilität, das der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) Bundesverkehrsminister Volker Wissing ans Herz legt.
Drei renommierte Staats- und Verwaltungsrechtler haben das Paragrafenwerk erstellt. „Das ist ein Angebot an die Politik“, sagt Mitautor Urs Kramer von der Universität Passau. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist zwar nur vage von „Anpassung“ (StVG, StVO) und „Weiterentwicklung“ (Verkehrssicherheitsprogramm) die Rede. Doch wie sonst will man „eine nachhaltige, effiziente, barrierefreie, intelligente, innovative und für alle bezahlbare Mobilität ermöglichen“?
Alle wollen die Verkehrswende
Alle wollen die Verkehrswende, doch sie kommt nicht voran. Was läuft da schief? Laut den Sektorzielen des Klimaschutzgesetzes muss der Verkehr bis 2030 fast fünfzig Prozent weniger CO2 emittieren als 1990. Damals waren es 164 Mio. t, 2020 aber erst elf Prozent weniger – und das nur, weil im ersten coronabedingten Lockdown weniger Menschen mit dem Auto unterwegs waren. Nun sind die Emissionen wieder angestiegen, der Handlungsdruck der Verkehrspolitik ist enorm. Doch die Zuständigkeiten sind zersplittert und es mangelt am verbindlichen Austausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Die Rolle der Kommunen stärken
„Es kann doch nicht sein, dass der Bund eine Umgehungsstraße plant und vorschreibt, wo eine Tempo-30-Straße gebaut werden soll. Das zu entscheiden, ist Aufgabe der Kommunen“, sagt der wissenschaftliche Berater beim VCD, Axel Friedrich, früher Verkehrsabteilungsleiter im Umweltbundesamt. Ein Regelungsrahmen muss her, der die Rolle und Handlungsspielräume der Kommunen stärkt, dachte sich der VCD-Beirat und ließ ein Bundesmobilitätsgesetz, kurz Bumog, entwerfen, das alle Verkehrsträger und -wege gleichberechtigt integriert.
Ein neues Bundesmobilitätsgesetz
Das Bundesmobilitätsgesetz benennt konkret Ziele in einem Mobilitätsplan und unterlegt sie mit Maßnahmen. Bei dem Entwurf handelt sich um ein Artikelgesetz, in dem das Bumog das Dach bildet, unter dem eine Reihe vorhandener Paragrafenwerke geändert würden. Allen voran das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung, die sich vom reinen Ordnungsrecht zum „dienenden“ Recht der lokalen Verkehrsplanung wandeln, sowie das Bundesfernstraßen- und Bundesfernstraßenmautgesetz, schließlich das Eisenbahngesetz. Im Mautgesetz könnte der Verkehrsminister die LKW-Maut auch auf Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen ausdehnen, während Länder und Kommunen die Gebühr durch Auf- oder Abschläge mitgestalten.
Nutzungsgebühr statt Maut
Die meisten Diskussionen ruft sicher eine PKW-Maut hervor, die später auf alle motorisierten Verkehrsmittel ausgedehnt werden soll. Doch kaum fällt das Wort PKW-Maut, gibt es einen Riesenaufschrei? „Man sollte das Wort Maut gar nicht benutzen“, empfiehlt Axel Friedrich. Es gehe dabei ja nicht um Zugangsbeschränkungen, sondern um eine Benutzungsgebühr. „Wenn Sie heute im Strombereich die Netze nutzen, müssen Sie ja auch eine Gebühr bezahlen. Das ist also ganz normal.“ Zudem fehle dem Staat bald die Einnahmen aus der Mineralölsteuer, je mehr E-Autos unterwegs sind. „Da muss man Lösungen finden und das haben wir versucht“, so Friedrich.
Kann ein neues Bundesmobilitätsgesetz Realität werden?
Könnte das Bumog tatsächlich Realität werden? Das Parlament müsste sich damit zumindest mal beschäftigen. „Eine Anhörung im Bundestag wäre ein guter Anfang, um deutlich zu machen, wo die Defizite der alten Strukturen sind“, sagt Friedrich. Die grüne Bundestagsabgeordnete Susanne Menge schlägt eine Enquete-Kommission vor. Doch die müsste schnell zu Ergebnissen kommen, dürfte nicht länger als ein halbes Jahr tagen, findet Friedrich: „Die Zeit läuft uns davon.“
Dagegen hält SPD-Parlamentarier Mathias Stein ein so komplexes Gesetz wie das Bumog „für zu schwerfällig, um nicht nur auf Verkehrsverlagerung und effiziente Antriebe zu setzen, sondern auch Wege zur Verkehrsvermeidung“ zu bahnen. Stein will eher einzelne Punkte aus dem Bumog rausnehmen und umsetzen: „Zum Beispiel eine LKW-Maut auf allen Straßen.“ Dagegen überfordere ein Wust an Maßnahmen die Bürger, so Stein, „im Übrigen auch Politiker, die nicht im Fach Verkehrspolitik zuhause sind“. Dieses Gesetz sei ganz und gar nicht nur etwas für Verkehrspolitiker, kontert Friedrich: „Es ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft.“
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, März 2022.
Zum Gesetzesentwurf des VCD für ein neues Bundesmobilitätsgesetz: Unser Gesetzesentwurf für ein Bundesmobilitätsgesetz (vcd.org)
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