Immer wieder Superlative, im Guten wie im Schlechten – so präsentiert sich jedes Jahr neu der Papieratlas der Initiative Pro Recyclingpapier. Die Ökopapierquote der am Wettbewerb teilnehmenden Kommunen wird immer größer – erstmals wurde auch bei Landkreisen nachgefragt. Doch der Papierverbrauch wird nicht weniger.
Essen und Bottrop sind Gewinner des Recyclingpapierwettbewerbs
Die WAZ wusste offenbar schon vor der Siegerehrung Bescheid. Die größte Regionalzeitung Deutschlands würdigte das gute Abschneiden ihrer Städte Essen und Bottrop beim diesjährigen Recyclingpapierwettbewerb, indem sie das Thema in ihrem täglichen „Peanuts“-Cartoon behandelte: Linus schreibt in der Schule über Ökologie und endet mit dem P.S.: „Dieser Aufsatz wurde auf recyceltem Papier verfasst.“ Sein Kommentar dazu: „Das nennt man alle Bereiche abdecken.“
Auch Essens erster Bürgermeister Rudolf Jelinek „möchte nicht als besserwisserisch rüberkommen“, wie er als Mehrfachsieger von 2009 bis 2018 bei der Auszeichnungsfeier in Berlin sagte, „aber wir haben einen langen Atem bewiesen, nicht nur in der Verwaltung auf Recyclingpapier umzustellen, sondern auch in den städtischen Betrieben“. Er akzeptiere keine Ausreden mehr wie: passt nicht ins Fax oder ist nicht stapelbar. „Es funktioniert alles mit dem Blauen Engel.“ Die 12 km nördlich von Essen liegende Stadt Bottrop belegte dieses Jahr den dritten Platz im Städteranking. „Wir verwenden seit Jahren schon 100 Prozent Recyclingpapier“, sagt der Leiter des städtischen Fachbereichs Personal und Organisation, Gerd Kießlich, „aber hier entscheiden ja auch die Sonderpunkte.“
Viele Kommunen steigen auf Recyclingpapier um
Längst gehört es ja in vielen kommunalen Verwaltungen zum guten Ton, ausschließlich auf Ökopapier zu kommunizieren und dokumentieren. Die 93 Teilnehmerstädte dieses Jahr kamen auf eine Quote von 87,15 Prozent (2017: 86,13). Zusätzliche Punkte erhält, wer auch seine Bildungsstätten und Hausdruckereien auf 100 Prozent Umweltpapier trimmt; weitere Boni gewinnt man, wenn z.B. das Stadtoberhaupt für seine Korrespondenz einzig und allein auf Papier mit dem Blauen Engel schreibt; oder wenn die Stadt öffentliche Einrichtungen dazu motiviert, das Ökopapier zu nutzen.
Letzteres brachte Bremerhaven den Sieg ein. 2013 feierte die Initiative Pro Recyclingpapier die Stadt an der Nordsee als „Aufsteiger des Jahres“. Zuvor hatte die Verwaltung ihren Ökopapieranteil von 5,82 auf 98,43 Prozent erhöht. Das brachte ihr damals den Sonderpreis ein, den 2018 Rosenheim erhält. Bremerhaven dagegen ist nun ganz oben angekommen. Deren Oberbürgermeister Melf Grantz äußerte sich in Berlin ambitioniert: „Wir wollen Klimastadt sein, wir sind Fairtrade- Stadt, und wir denken auch darüber nach, eine plastikfreie Stadt zu werden.“
Recyclingpapierfreundlichster Landkreis ist der Rhein-Hunsrück-Kreis
Zweiter wurde die Stadt Saarbrücken, wo es „eine verbindliche Vorgabe gibt, dass öffentliche Schulen Recyclingpapier mit dem Blauen Engel verwenden müssen“. Bei der zum ersten Mal vergebenen Ehrung zum Recyclingpapierfreundlichsten Landkreis siegte der Rhein-Hunsrück-Kreis vor Schweinfurt und Ebersberg. Alle drei Landkreise nutzen in ihrer Verwaltung nichts anderes als Umweltpapier, Rhein-Hunsrück und Schweinfurt zusätzlich auch in ihren Schulen und Druckereien. Im ersten Jahr des auf Landkreise ausgeweiteten Wettbewerbs reichten unter den 294 hierzulande, die nicht zuletzt 68 Prozent der deutschen Bevölkerung repräsentieren, allerdings nur 27 ihre Daten ein. Hier scheint noch viel Luft nach oben.
Bundesbehörden sollen nachziehen
Genauso wie auf Bundesebene. Detlef Raphael vom Deutschen Städtetag formulierte das so: „Ich fände es klasse, wenn sich hier oben auf dem Podium noch zwanzig Bundesbehörden präsentierten, die für 100 Prozent Recyclingpapier stehen.“ Tatsächlich ist unter vielen der rund neunzig Bundeseinrichtungen die Lage pro oder contra Blauer- Engel-Papier unklar. Seit zwei Jahren prangen auf der Website Gruener-beschaffen.de nur 35 Bundesbehörden, von denen 15 ausschließlich Recyclingpapier mit dem Blauen Engel nutzen. Das müssen noch viel mehr werden, schließlich hat sich der Bund eine 95-Prozent-Quote zum Ziel gesetzt – und zwar bis 2020. Das betonte bei der Auszeichnungsfeier im Bundesumweltministerium auch noch mal dessen Hausherrin Svenja Schulze.
Papierloses Büro noch in weiter Ferne
Zum Papierverbrauch nahm die Umweltministerin folgendermaßen Stellung: „Trotz Digitalisierung habe ich den Eindruck, dass im sogenannten papierlosen Büro immer mehr Papier ausgedruckt wird.“ Das unterstrich auch Bottrops Amtsleiter Gerd Kießlich. „Eher als das papierlose Büro kommt die papierlose Toilette“, sagte er am Rande der Veranstaltung. Dennoch arbeite man in seiner Verwaltung mittlerweile deutlich effizienter, betonte Kießlich. „Wir haben mehrere hunderttausend Blatt eingespart, weil die Sitzungspapiere für jedes Ratsmitglied mittlerweile per E-Mail verschickt werden.“ Wer die dann immer noch ausdrucken will, müsse das zuhause machen.
Autor: Tim Bartels, aus UmweltBriefe, Ausgabe Oktober 2018.
Weiterführende Informationen: Der Papieratlas dokumentiert dezidiert, welchen Dienst an der Umwelt die Kommunen mit ihrem Recyclingpapier leisteten, wieviel Energie, Wasser und CO2 sich einsparen lassen: Papieratlas – Initiative Pro Recyclingpapier
Initiativ Grüber Beschaffen: Bundesbehörden – Grüner beschaffen (gruener-beschaffen.de)