„Unkraut vergeht nicht“, lautet ein altes Sprichwort? Doch was sind eigentlich Unkräuter? Nun ja, in jedem Fall farbenfrohe Pflanzen. Nur dass sie im Garten und auf dem Acker oft unerwünscht sind, weil sie sich schnell ausbreiten und dominieren. Dabei sind einige dieser Wildkräuter ökologisch besonders wertvoll, tragen zur Biodiversität bei und geben Insekten Nahrung. Für uns Menschen sind sie eher „Beikräuter“, häufig aber auch eine imposante Augenweide.
Natternkopf, Flockenblume, Wegwarte
Ob der violette Natternkopf, die purpurne Flockenblume, die hellblaue Wegwarte oder die gelbe Königskerze – die blühenden Säume von Asphaltpisten, im bürokratischen Fachjargon als „Straßenbegleitgrün“ bezeichnet, erblicken wir zumeist nur im Vorbeifahren. Zumindest bei Spaziergängen an Feldwegen könnte diese bunte Vielfalt aber das Auge erfreuen – wenn Landwirte und Gemeinden den Wildwuchs zulassen. Viele Wegraine gehen nämlich verloren, weil bis direkt an den Weg geackert wird.
Unangepasste Pflanzenrebellen
Der Naturschutzbund Österreich nennt Wildkräuter „die unangepassten Pflanzenrebellen“ zwischen akkurat gepflegten Beeten und zurechtgestutzten Hecken. Dessen Initiative „Raine Vielfalt“ widmet sich der Bedeutung der Beikräuter auf Böschungen, Wegrändern, Betriebsgeländen und Brachen für die Biodiversität: Sie schützen und verbessern den Boden und dienen Bienen, Schmetterlingen, Käfern sowie vielen weiteren Kerb- und Kleintieren als Futterquelle.
Unkraut für Naturgärten
Auch in Gärten sollte man ein wenig „Unkraut“ zulassen, will man sie naturnah anlegen und der Umwelt Gutes tun. Doch natürlich gibt es auch aus Naturgartensicht unangenehme Wildkräuter, die in Massen gedeihen, eine Fläche schnell einnehmen und andere dabei überwuchern: Beispielsweise Ambrosie, Berufskraut, Knöterich, Kreuzkraut, Distel und Brennnessel. Unter ihnen leiden dann diejenigen Pflanzen, die weniger konkurrenzstark sind, etwa Küchenschelle, Kartäusernelke und Färberginster. Dabei sind nicht nur diese drei Arten vor allem für die Insektenvielfalt von großem Wert. „Allein 13 Wildbienenarten und 15 Schmetterlingsarten besuchen die Kartäusernelke“, heißt es bei der Stiftung Mensch und Umwelt, die sich u.a. dafür einsetzt, Wohnquartiere naturnah zu gestalten.
Brennnessel ja oder nein?
Die Stiftung empfiehlt, häufige „Wurzelunkräuter“ wie Distel, Ampfer, Knöterich, Brennnessel, Weißklee oder Giersch vor der Blüte bzw. vor der Samenbildung mit der gesamten Wurzel zu entfernen. Denn nur ein Schnitt rege die Pflanzen dazu an, noch mehr Ausläufer zu bilden. Die Reste sollten daher auch nicht kompostiert werden, da selbst zerkleinerte Wurzelteile erneut austreiben können. Verbreitet sich das ungewünschte Kraut allein über massenhaft Samen, sollte man zuvor die Blüte abschneiden.
Nun sind aber doch Brennnessel und Weißklee für die Raupen einiger Schmetterlingsarten wertvolle Futterpflanzen, etwa für das Tagpfauenauge und den Hauhechel-Bläuling. Was nun? Schmetterling retten oder Unkraut jäten? Beide Pflanzen haben offenbar großen Drang sich auszubreiten und kommen dementsprechend in unserer Landschaft noch sehr, sehr häufig vor. „Von daher ist es ratsam, sie im Naturgarten zu entfernen“, heißt bei der Stiftung Mensch und Umwelt.
Dieser Tag wurde 2003 durch Garten-Blogger in den USA ins Leben gerufen, um darauf aufmerksam zu machen, dass nicht jedes Unkraut im Garten unnütz ist.
Unkraut war noch vor dem Kulturgemüse fixer Bestandteil einer gesunden Ernährung. Viele dieser Wildkräuter dienten als Nahrung und auch als Heil- und Würzmittel. Sie enthalten oft viele Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und Mineralien.
Zum Beispiel der Giersch, ein verbreitetes Unkraut, dem gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt wird: Es soll gegen Gicht helfen, enthält viel Vitamin C und Provitamin A und findet daher auch in der Küche Verwendung. Wie wäre es also mal mit einer leckeren Giersch-Quiche?
Autor: Tim Bartels, UmweltBriefe, März 2024
Mehr über naturnahes Gärtnern erfahren Sie unter: Naturgarten anlegen – So wird’s gemacht – Deutschland summt! (deutschland-summt.de)
Weitere Tipps hält der BUND Baden-Württemberg bereit unter: Tipps (bund-bawue.de)
Wildkräuterrezepte – wie die Giersch-Quiche – finden Sie unter: Unkrautgourmet – Pflanzen, Essen, Rezepte und mehr : Giersch-Quiche
Bestellen Sie kostenlose Ansichtsexemplare der UmweltBriefe
Überzeugen Sie sich von dem hohen Praxisnutzen und Mehrwert, den die UmweltBriefe bieten. Zwei kostenlose Probehefte sind für Sie reserviert: www.walhalla.de/probeabo-umweltbriefe
Natur für Garten und Balkon:
- 1.
Geduldig sein. Auch wenn es beim Anblick verblühter Pflanzenstängel in den Fingern juckt, lassen Sie diese besser so lange wie möglich bis in den späten Frühling stehen. Denn darin steckt Leben. In und an Pflanzenstängeln überwintern zum Beispiel Wildbienen und Schmetterlinge. Außerdem nutzen Vögel stehengelassene samenbildende Pflanzen als Futterquelle.
- 2.
Frühblüher pflanzen. Das ist auch für Wildbienen, die früh im Jahr fliegen wichtig: Leberblümchen, Schneeglöckchen, Blaustern oder Märzenbecher. Beim Einpflanzen bitte nur torffreie Erde verwenden, um Moore zu schützen.
- 3.
Die richtigen Pflanzen. Beim Kauf von Samen oder Pflanzen für Balkon und Garten darauf achten, ob mit einem Siegel oder in der Beschreibung darauf hingewiesen wird, dass diese gut für Schmetterlinge und Bienen sind. Zuchtblumen mit gefüllten Blüten sind in aller Regel nektarfrei und als Nahrungsquelle nutzlos. Am besten sind regionale Pflanzen und Samen in Bio-Qualität. Empfehlenswerte Hersteller bieten Saatgut passend für unterschiedliche Regionen an. Pflanzen ohne Biosiegel sind häufig mit Pestiziden belastet, die den Insekten im Garten oder auf dem Balkon mehr schaden als nutzen.
- 4.
Einen Quadratmeter grasfrei. Im Boden nistende Wildbienen legen ihre Brutplätze in der Erde an. Auch unter einem Brett auf dem Rasen können Wildbienen nisten.
- 5.
Komposthaufen oder Käfermiete. Richtig angelegt, bieten sie wertvollen Lebensraum. Dazu abwechselnd Äste und Reisig, Gras und Laub sowie Küchenabfälle und Gartenreste schichten. Die einzelnen Schichten sollten nie dicker als etwa 20 cm sein. Löcher und Schlitze ringsherum sorgen für Luftzufuhr und Zugang für Spinnen, Raupen, Käfer oder Regenwürmer. Ein Haufen aus Rundhölzern, Rinde, Wurzelstücken ist der ideale Brutplatz für Käfer.
- 6.
Naturparadies Holunder. Keine andere Pflanze im Garten bietet so vielen Tierarten Nahrung. Die Blüten locken Bienen an, die Früchte sind für Vögel gut. Holunder ist der wichtigste „Blattlausproduzent“, und von den Läusen ernähren sich viele andere Tiere wie Marienkäfer, Schwebfliegen, Wildbienen und Vögel.