Wasser wird knapper in Deutschland.
Die anhaltende Trockenheit führt auch in Deutschland in den Sommermonaten zu Wasserknappheit, wie hier im Rhein. Foto: alfotokunst/AdobeStock
9. März 2023 | Bürgerinfo

Tag des Wassers: Wenn Dürre normal wird

Sauberes Wasser jederzeit in hochwertiger Qualität – das ist hierzulande nicht mehr selbstverständlich. Nach mehreren Dürrejahren ist Deutschland trocken. In den Sommermonaten werden die Böden künftig stärker austrocknen als in der Vergangenheit. Heiße Tage werden zunehmen und damit auch der Durst der Privathaushalte. Das bedeutet: Alle müssen sich erhöhtem Wasserbedarf anpassen.

Wasserdialog

Deutschland bekommt eine „Nationale Wasserstrategie“. Sie spricht nicht nur Behörden in Bund, Ländern und Kommunen an, sondern richtet sich „an alle betroffenen gesellschaftlichen Akteure“. Gemeint sind also vor allem Privathaushalte, denn betroffen sind wir alle. Grundlage der Strategie sind Ergebnisse eines zweijährigen Wasserdialogs mit Fachleuten. Zudem haben Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen Regionen Forderungen und Empfehlungen an die Bundespolitik formuliert, „die im Wesentlichen in der Wasserstrategie aufgegriffen werden“, wie es heißt.

Bedarf an Wasser wird wegen der Hitze steigen

Für viele Regionen werden im Juni, Juli und August weniger Niederschläge als früher erwartet. Das zeigen Prognosen anhand von Klimamodellen. Die Folge: Der Wasserbedarf für Pflanzen und Bäume im Garten, in Parks, in den Wäldern und bei landwirtschaftlichen Kulturen wird sich erhöhen.

„Aber auch der industrielle Wasserbedarf, etwa zur Kühlung, kann ansteigen“, sagt Thomas Riedel. Der Leiter fürs Geschäftsfeld Wassergewinnung am IWW Zentrum Wasser in Mülheim an der Ruhr rechnet auch damit, dass mehr Trinkwasser verbraucht wird, wenn Gärten bewässert und Pools befüllt werden wollen.

Nationale Wasserstrategie

Hier setzt mit der nationalen Wasserstrategie ein Aktionsprogramm an, das 78 Maßnahmen umfasst, um u.a. Zielkonflikten vorzubeugen: „Es werden Regeln und Kriterien für transparente Entscheidungen über ggf. erforderliche Nutzungspriorisierungen im Fall regionaler temporärer Wasserknappheit und Bodentrockenheit erarbeitet“, heißt es da unter Nr. 6. Der Durst aller Lebewesen soll Vorrang haben vor dem Waschen der Autos, Abspritzen von Vorplätzen, Befüllen von Swimming-Pools oder der Bewässerung von Rasenflächen.

Wassersparen in der Landwirtschaft

Grundsätzlich geht die lokale Versorgung vor. Auflagen für Großverbraucher in Industrie und Landwirtschaft fehlen bisher, kritisieren Umweltverbände. Schließlich müssen z.B. Agrarbetriebe ihre Felder zunehmend bewässern. „Da ein Großteil dieser Flächen zum Anbau von Futtermitteln genutzt wird, wurde eine Reduktion des Fleischkonsums zu großer Wassereinsparung führen“, sagt die Osnabrücker Professorin für Ressourcenmangement, Claudia Pahl-Wostl.

Von guten Beispielen aus der Landwirtschaft berichtet Thomas Riedel: Im Raum Uelzen werde das zur Bewässerung benötigte Grundwasser in großen Teilen durch Brauchwasser aus der Lebensmittelindustrie sowie Entnahmen aus dem Elbe-Seitenkanal ersetzt. Und in Bayern fordere das Umweltministerium den Bau von Leitungen und Wasserspeichern. Damit soll eine grundwasserschonende und gleichzeitig von der Witterung unabhängige landwirtschaftliche Bewässerung ermöglicht werden.

Bessere Verteilung von Wasser

Klar ist: Wasser muss künftig in Deutschlands besser verteilt werden, um besonders trockene Gebiete zu versorgen. Bereits heute gibt es eine große Zahl von Fernwasserleitungen, die urbane Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte versorgen. Deren Bedeutung werde zunehmen, sagt Pahl-Wostl.

Direkte und indirekte (virtuelle) Wassernutzung
Jede Person in Deutschland verbraucht im Schnitt „direkt“ 125 Liter Trinkwasser pro Tag – das Gros für Reinigung, Körperpflege und Toilettenspülung. In Lebensmitteln, Kleidung und anderen Produkten ist „indirekt“ Wasser enthalten, das für ihre Herstellung eingesetzt wurde oder für die Bewässerung während der landwirtschaftlichen Erzeugung. Zwei Beispiele: Für die Produktion von 1 kg Rindfleisch werden 15 000 l Wasser benötigt, also mehr als das 100-Fache des durchschnittlichen täglichen Wasserbedarfs. Auch Kaffeebohnen schlucken viel Wasser – bei 7 g für eine Tasse Kaffee stehen 140 l virtueller Wasserverbrauch zu Buche.

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, März 2023.


Alle Ratschläge von Bürgerinnen und Bürgern des Wasserdialogs dazu, was in die Nationale Wasserstrategie reingehört, lesen Sie unter:  Bürger*innenratschlag (bmuv.de)

Die Nationale Wasserstrategie (Stand November 2022):  Nationale Wasserstrategie (bmuv.de)


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Forderungen an die Politik

  1. 1.

    Anreize für wasserschonendes Verhalten. Die Bevölkerung muss über individuelle Wasserzähler erkennen, wo sie wieviel Wasser verbraucht. Apps zur Ermittlung des persönlichen Wasserfußabdrucks seien einzuführen. Industrie verpflichten, wassergefährdende Stoffe im Produkt zu kennzeichnen, damit Verbraucher informierte Kaufentscheidung treffen können.

  2. 2.

    Virtuellen Wasserverbrauch darstellen. Der Zusammenhang zwischen Produktion, Wasserkonsum und Flächenverbrauch in globalen Lieferketten muss vermittelt werden. Genauso wie Best-Practice-Beispiele zu nachhaltiger Wassernutzung.

  3. 3.

    Staat muss stärker regulieren. Die Bundesregierung muss – wie beim CO2-Ausstoß – auch Einsparziele für den Wasserverbrauch festlegen. Ein Abgabesystem für Pestizide und Arzneimittel, um die Belastung des Grund- und Oberflächenwassers zu reduzieren. Grundwassernutzung und -entnahme kontrollieren und steuern.

  4. 4.

    Vermeidung und Rückhaltung wassergefährdender Stoffe. Der Gesetzgeber hat stärker darauf hinzuwirken, dass bei der Produktherstellung Mikroplastik und sonstige Spurenstoffe vermieden werden. Wassergefährdende Inhaltsstoffe (in Medikamenten, Wasch-/ Reinigungsmitteln, Textilien) sind besser und großflächig auf Produkten zu kennzeichnen.

  5. 5.

    Abwasserreinigung verbessern. Wo notwendig, müssen Klärwerke eine vierte Reinigungsstufe erhalten, um zum Beispiel Mikroplastikpartikel und Arzneimittel zu filtern. Förderprogramme für Kommunen zur Sanierung von Abwasserleitungen, um Leckagen starker zu begegnen.

  6. 6.

    Regenwasser nutzen, Grundwasserneubildung ermöglichen. In der Stadt- und Raumplanung gilt es, die Versiegelung von Flächen möglichst gering zu halten. Bei der Materialauswahl und Struktur von Flächen sind wasserdurchlässige Materialien zu verwenden.

  7. 7.

    Wasser muss Gemeingut bleiben. Wasser darf nicht gewinnorientiert gewonnen, gehandelt und entsorgt werden. Der Wasserpreis über dem Grundbedarf muss mindestens die anfallenden Kosten, sowie die Regeneration des Wassers decken.